Djerba, der Club Med und die Schwammtaucher

Veröffentlicht am : 30-10-2021
Das ist die wenig bekannte Geschichte von griechischen Fischern, die sich auf der Insel Djerba niederließen, um dort nach Schwämmen zu tauchen. Erstaunlicherweise führte dies Jahre später zur Gründung eines der ersten Club Med Dörfer.

Im letzten Frühjahr wurde in der neu renovierten Kirche Saint-Nicolas von Djerba eine orthodoxe Messe gefeiert. Das erste Mal seit 60 Jahren!
In dieser Kirche versammelten sich einst die griechischen Schwammtaucher von Djerba.
Ende des 19. Jahrhunderts interessierten sich die griechischen Fischer besonders für die Schwämme von Tunesien, die zu den schönsten im gesamten Mittelmeer zählten. 
Jedes Jahr zogen sie für lange Fahrten aufs Meer hinaus, die sie zu den tunesischen Küsten führten. Einige von ihnen ließen sich auf der Insel Djerba nieder. 
Die tunesischen Schwammfischer tauchten zu jener Zeit ohne Geräte bis in Tiefen von 20 Metern. 
Die Griechen verwendeten dagegen bereits fortschrittlichere Mittel und führten den Taucheranzug ein.

Die Kirche Saint-Nicolas von Djerba


Eine Kindheit unter den Schwammfischern

Einer ihrer Nachfahren, Laris Kindynis, erzählt von seinem Großvater, einem Schiffseigner, der auf Djerba ein Fischerei- und Exportunternehmen für Schwämme gegründete.
Der kleine Laris liebte es durch das Lager zu schlendern, in dem die Schwämme aufbewahrt, gewaschen, sortiert, zugeschnitten und schließlich nach Europa versandt wurden.
Er erinnert sich mit welcher Faszination er als Kind die Hunderten Segelschiffe der griechischen Fischer beobachtete, die sich anlässlich des orthodoxen Osterfestes im kleinen Hafen von Houmt-Souk versammelten.
Später wurde die Lagerhalle mit dem Haus der Familie verbunden und so entstand ein kleines Hotel, das Hôtel du Lotos.
In der Zwischenzeit war der Zweite Weltkrieg ausgebrochen und die Schifffahrt zu gefährlich geworden. Der Vater von Laris Kindynis, der damals das Unternehmen leitete, war gezwungen sich nach einer anderen umzusehen. 
Der Teenager hatte allerdings nicht viel für das Hotelgewerbe übrig. Er machte sich lieber auf die Spuren seiner Kindheit, erforschte die Küsten seiner Heimatinsel mit einem Segelboot und jagte in den unberührtesten Gegenden der Insel unter Wasser nach Fischen.

Schwammtauchenboot der Kindynis im Jahr 1933

(Foto aus dem Bildband „Djerba, l’île enchantée de mon enfance“, MC-Editions, Tunis 2009)

Djerba und der Club Med

Welchem Zufall ist es geschuldet, dass er Gérard Blitz, dem Erfinder des Club Méditerranée begegnete? Warum erzählte er ihm von seinem Lieblingsplatz, einer kleinen einsamen Bucht, in der er allein Meeräschen und Zackenbarsche fischte?
Später würde er sagen, es war das außergewöhnliche Charisma von Gérard Blitz, das ihn dazu veranlasst hatten, ihm diese unbekannten und wunderbaren Orte zu zeigen: die Lagune von Seguia, die langen Strände mit weißem Sand, die Felsen mit ihren vielen Zackenbarschen.
So geschah es, dass an diesem traumhaften Ort eines der ersten Club Med Dörfer 1954 in Tunesien entstand.

Der Club Med Djerba im Jahr 1954: Zelte der US-Armee, geschützt von Palmendächern


Große Reisen und Nostalgie

Enttäuscht und fasziniert zugleich beobachtete Laris wie sein geheimes Paradies von Städtern aus Europa eingenommen wurde, die hier eine neue Art des Tourismus erlebten.
Sehr bald jedoch begann er selbst im Club als Animator und Organisator von Ausflügen auf dem Meer zu arbeiten.  
Seine Begeisterung für große Reisen führte Laris Kindynis letztlich nach Tahiti. Er beteiligte sich an der Gründung vieler Feriendörfer und Luxushotels in der ganzen Welt.
Dennoch wollte er seinen Lebensabend in Djerba verbringen.
Das kleine Hôtel du Lotos direkt am Jachthafen gibt es immer noch.
Gleich daneben erhebt sich die Kirche Saint-Nicolas, auf einem Stück Land, das Großvater Kindynis dereinst der Gemeinde der griechischen Fischer auf Djerba schenkte. 

Buchtipp:

Djerba, l’île enchantée de mon enfance, par Laris Kindynis, MC-Editions Tunis, 2009 (in französischer Sprache)
La Tunisie sous-marine, par Selim Baccar et François Brun, Lalla Hadria Editions, 2013 (in französischer Sprache)

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